
Falsche Prioritäten für eine Zukunft: Sozialer Abbau für das Aufrüsten der EU? (Mit Realitätsnähe hat das nichts zu tun)
Warum ich im blinden Aufrüsten der EU eben keine realitätsnahe Entscheidung sehe, wie es einige Kolumnisten immer dann herbei reden, wenn sie Bedenkenträgern eine pazifistische Naivität unterstellen wollen. Und warum ich darin sogar eine Gefahr sehe, die aktuell wachsende politische Kräfte in der EU langfristig missbrauchen könnten, wenn "die Kugel doch schon im Lauf steckt"...
Sozialer und kultureller Abbau im gleichen Atemzug während Billionen für Rüstung in die Hand genommen werden sollen, ist ein eindeutiges Signal in die Welt, worauf Europa seine zukünftigen Prioritäten legt. Und das wird nicht nur das politische Klima innerhalb der EU, sondern auch jenes im Kontext mit der restlichen Welt, in der nahen Zukunft bestimmen. Das scheint jenen nicht klar zu sein, die glauben, dass das Abwägen und Zögern und Kritisieren solcher großen kostspieligen Vorhaben etwas mit putinistischer Gehirnwäsche zu tun habe. Schon allein diese Argumentationsweise zeigt einmal mehr, dass die derzeitigen Entscheidungsträger offenkundig nicht das geistige Kapital zwischen den Ohren sitzen haben, welches es bräuchte, solch drastische Entscheidungen, bei denen am Ende ein ganzer Kontinent buchstäblich auf einem Pulverfass sitzt, richtig abzuwägen.

Similar mortar grenades produced by Denel, the South African subsidiary of German defense giant Rheinmetall, are currently being used in Libya. | Photo: EU Civil Protection and Humanitarian Aid, 2011 | CC BY-ND 2.0
Und wenn es nötig ist, dann ist das so. Aber das möchte ich gern von jemandem geprüft wissen, der mehr Argumente liefern kann, als denn das alle anderen außer derjenige selbst naiv seien. Es bleibt bei der Art und Weise wie argumentiert wird zu befürchten, dass es nicht die best möglichen und klügsten Köpfe sind, die derzeit die Entscheidungen in diesen Fragen bestimmen, denn sonst würden ihre Argumente in der Bevölkerung mehr Wirkung zeigen. Sondern die hitzigsten. Und damit reihen sie sich in den Rest der Welt ein. Ich bin kein naiver Pazifist. Ich glaube auch nicht dass irgend ein Land außerhalb der EU ein Interesse an einer stabilen EU hat, außer die EU selbst. Was man nur hoffen kann. Und somit glaube ich weder daran, dass uns jemand zu Hilfe eilt, noch dass irgendein Schachzug von außen automatisch im Sinne der EU sein würde. Ja - Insofern stimme ich zu, dass die EU nur sich selbst helfen kann. Schön dass das endlich erkannt wird und wir aufhören Handlanger für andere zu spielen. Aber strategisch kluges Denken ist Voraussetzung für Selbsthilfe. Und da bleibe ich derzeit leider immer noch skeptisch.
Aber fangen wir anders herum an. Von innen nach außen. Der derzeitig geplante soziale und kulturelle Abbau - der ja zu großen Teilen mit der Aufrüstung der EU und der Kosten dafür auf neue Art gerechtfertigt wird - in einem Land, welches sich schon längst unter die erträgliche Grenze abgebauter sozialer Marktwirtschaft und Kultur manövriert hat ohne dabei die wirkliche Misswirtschaft und Finanzlücken anzugehen, die die Staatskasse und die Geldbeutel der Wähler belasten, ist für mich kein Zeichen einer Zeitenwende. Es ist schlicht und einfach der Weiterverkauf des bereits seit vielen Jahren im Sturzflug befindlichen sozialen Abbaus hinein in eine Version des Kapitalismus, von der wir eigentlich aus uns vorangegangen Beispielen anderer Länder wissen sollten, dass das nicht funktionieren wird. Denn der (dann noch) bleibende Ausweg, eines ausgehöhlten bis auf die Zähne bewaffneten und kulturarmen Landes mit mangelnder Bildung und ohne sozialer Sicherheit, wäre aggressiver Imperialismus nach außen. Die jüngste Geschichte über'm Teich hat uns das gelehrt. Und dies kritisch zu beleuchten, sollte unser aller Aufgabe sein. Einfach abnicken und mitmachen ist hier keine Option für klaren Menschenverstand.

Deutsche Rüstungsexporte nach Empfängerländern. Wert der Ausfuhrgenehmigungen des Bundessicherheitsrats. Datum: 10 February 2019 | Licensed under: CC BY-SA 4.0 Quelle: Wikimedia Commons
Wie so oft, wird in solchen Debatten aus gemütlichen Positionen heraus der einfache Bürger "aufgefordert mitzumachen". Würden alle, die derzeit zur Aufrüstung, der Wehrpflicht und an die Front rufen, selbst hingehen müssen, oder ihre Kinder und Enkel, wäre die Debatte in 2 Tagen beendet. Und Deutschland müsse "wieder arbeiten" habe auch ich einst einmal geschrieben, ja. Aber aus Merz' Sprachrohr klingt es mehr nach Trump als nach der Idee, dass man Produktionsstandorte wieder attraktiv machen möchte. Und in dem heutigen Kontext ist auch erlaubt zu argwöhnen: sind damit vielleicht freie Stellen in Rüstungskonzernen gemeint? Ich komme mir auch langsam etwas monoton vor, weil ich seit 20 Jahren vor Zuständen wie am Ende der Weimarer Republik warne, und es nun soweit gekommen ist, dass ich sagen muss: es SIND die Zustände wie am Ende der Weimarer Republik.
Der regelmäßige Versuch, dies als Panikmache mit vermeintlich sachlich fundierten Argumenten wegzuwischen, die aber bis jetzt keiner Prüfung standhalten konnten, und sie ja auch immer und immer wieder durch Rückschläge in ihren eigenen Konzepten in Erklärungsnot geraten, zeugt davon, dass hier schlichtweg die Augen davor verschlossen werden, dass der Frosch im Wasser unlängst am Siedepunkt kocht. Und ich erwähnte bereits die wahren Finanzlöcher die nicht angegangen werden. Was ebenfalls an andere Zeiten erinnert, wo man den Kopf in den Sand steckte. Wie zum Beispiel die mafiösen Strukturen hinter staatlichen und privaten Krankenkassen und deren fragwürdiges Ein- und Aus-Zahlungssystem. Erinnern Sie sich noch an das abstruse Gesetz vom April 2006? Es sollte eigentlich armen Menschen helfen die keine Krankenversicherung hatten. Danach waren auf einen Schlag tausende von Menschen (inklusive Obdachloser!) hochverschuldet für rückwirkende Beiträge die sie zu zahlen hätten ohne Leistungen in den Jahren in Anspruch genommen zu haben. Oder bei dem "Loch im Boden" wenn es um Misswirtschaft in der Städteplanung geht. Stichwort Ver- und Rückkauf der GSG Flächen in Berlin. Oder bei der staatlichen Unterstützung von Dauerpleite-Konzernen, wie der Deutschen Bahn, und das inmitten der Klimadebatte, wo nix mehr fährt wenn eine Schneeflocke fällt! Und dann sind da noch die Steuerschlupfwinkel von Großunternehmern, fragwürdige Diäten und Abfindungen von unfähigem Führungspersonal, Beamtenstatus auf Lebenszeit und, und, ... Ich könnte endlos weitermachen und noch viele solcher Beispiele bringen. Aber ja, natürlich ist es viel schlüssiger die Hälfte der ländlichen Krankenhäuser im Norden zusammen zu legen - was ein anderes Wort für "schließen" ist - um den Medizinsektor zu sanieren, als sich mit Korruption und Schattenwirtschaft im selben Sektor auseinandersetzen zu müssen. Aber natürlich ist das alles Panikmacherei.
Typisch für solche Zeiten ist auch das "Vernebeln" der Debatte mit Wortgefechten, die denen von Anwaltsplädoyes ähneln. Die Vorgeschichte dazu mal weggelassen halte ich zum Beispiel die Art wie ein Herr Blome jüngst in einem großen Blatt mit Worten jonglierte um die Motivationen und Bedenken verschiedenster Kritiker heutiger Aufrüstungs-Prozesse zu verzerren, nicht nur für unverhohlene Wort-Winkeladvokat-erie, sondern auch für bedenkliche Ausgrenzung von wichtigen Stimmen in der heutigen Zeit. Und auch wenn er gern mit dem Gedanken spielt, dass Meinungs-Minderheiten von sich glauben würden automatisch im Recht zu sein, nur weil sie Minderheiten sind (oder sich als solche sehen), was ja tatsächlich eine amüsante Gedankenspielerei ist, scheint er bei seiner Freude darüber, wie klug doch dieser worthülsenreiche Schachzug von ihm sei, schlicht zu vergessen, dass dem Gedankenspiel eine rein physikalische Bürde der Realität im Wege steht: nämlich, dass es schon rein zahlentechnisch immer mehr Menschen geben wird, die in einer Mehrheit glauben im Recht zu sein, als in einer Minderheit. Selbst wenn diese geschlossen rechthaberisch wäre, sind es auf der anderen Seite immer noch mehr. Schon allein durch ihren naiven Mehrheitsglaube bedingt. Was seine Einwände zumindest für sekundär pregnant macht. Vor allem in einer Erfolgs-orientierten Gesellschaft wie unserer, in der nur der ein großer Musiker sei, den auch jeder kennt. Meinungs-Minderheiten - selbsternannt oder nicht - auf solch schein-humoreske Art das Wasser abgraben zu wollen, kann nur einem ehemaligen Ressour-Leiter der Bildzeitung einfallen, der zu viel Zeit in Talkshows verbringt (Zwinker). Exakt solche Auswüchse sind das Ergebnis von, also ein Paradebeispiel und perfekter Vorbote dafür, was bei dem derzeitigen Abbau in Bildung, Kultur und Sozialwesen mit Menschen passiert, bei einer zunehmend dort hin driftenden Gesellschaft mit mangelnder Fantasie, mangelnder Kultur und fehlender Menschlichkeit. Eine zynische kulturlose Horde wortgewandter und Kamera geschulter Lemminge, die dem Mehrheitsargument fröhnt und ohne zu zögern gemeinschaftlich und mehrheitlich die Klippe nimmt. Diesen Absatz bitte mit etwas Humor und der Leidenschaft geschuldet lesen...
Eine weitere wichtige Frage ist: geht es hier wirklich um Putin? Oder ist Putin nur das Argument für eine Rüstungsindustrie, die hier "Chancen" sieht? Geht es vielleicht sogar um Selbstständigkeit gegenüber eigenen Bündnispartnern wie der USA? Wie wird diese Aufrüstungseuphorie dort gewertet, finde ich eine wichtige Frage. Vor allem vor dem Hintergrund des 2. Weltkrieges und der Tatsache, dass Thatcher damals anfangs deswegen wenig von der EU begeistert war, weil Deutschland darin schon wieder so eine große Rolle spiele. Jenes Land welches jetzt Theater und Krankenhäuser schließen und anstelle dessen Billionen für Rüstung ausgeben will. In einer Zeit, in der imperialistische Nicht-EU-Staaten nach Gründen suchen uns als Bedrohung betrachten zu können und rechte Tendenzen im Land zunehmen.
Ist das Rüstungsthema nicht auch ein wirtschaftliches Thema? Ist das damit gemeint, wenn Merz vom Produktionsstandort Deutschland spricht? Soll der Angriffskrieg gegen die Ukraine nun den emotionalen Nährboden bauen um Rüstungsstandorte in Deutschland neu zu rechtfertigen und auszubauen? Dass wir Exportmeister sind und waren sollte sich auch bei Kabarettisten herum gesprochen haben, die gern Witze über die Qualität unserer Waffen machen, Frau Eckhart. Was ich im Übrigen weder lustig finde, noch mich stolz macht. Den deutschen Waffenexport, meine ich. Die seit 1999 jährlich erscheinenden Rüstungsexportberichte der deutschen Bundesregierung führen die erteilten Exportgenehmigungen für alle Rüstungsgüter nach Ländern, nach Ausfuhrlistenpositionen sowie die tatsächlichen Ausfuhren nach Ländern für die Teilmenge der Kriegswaffen auf. Das weltweit exportierte und nach der Kalaschnikow am meisten verbreitete Sturmgewehr ist das Heckler & Koch G3. In Libyen wurde das Nachfolger-Sturmgewehr HK G36 von Gaddafis Truppen 2011 im Bürgerkrieg gegen die Rebellen eingesetzt.
Eine aufgerüstete EU stellt für mich die gleichen Fragen und Bedenken in den Raum wie eine aufgerüstete Ukraine. Damals gab ich zu bedenken, dass das Aufrüsten eines instabilen Landes mit noch zu klärenden Korruptionsvorwürfen, ungeklärten Vorwürfen zu fragwürdigen Geheim-Milizen, und verstrickten Oligarchen im Machtkreis der politischen Landschaft (Aufzählung nicht abschließend), unkontrollierbare Gefahren in sich bürge, die sich eines Tages auch gegen uns richten könnten. Mal ganz zu Schweigen von der Ironie, dass wenn Putin den Angriffskrieg zu seinen Gunsten entscheiden könnte, dann all diese Waffen in seine Hände fallen würden. Aber wer bin ich schon? Kein Militärstratege, auf jeden Fall. Denen ich im Übrigen in solchen Fragen lieber zuhöre als Politikern und Kolumnisten mit akademischer Laufbahn, die nicht zu der Bevölkerungsschicht gehören, die in Kriegen unmittelbar betroffen sind und eingezogen werden.
Und jetzt drehen wir den Spieß wieder um: Gleiches wie für die Ukraine gilt - für mich zumindest - für viele Länder der EU. Der spürbare und auch von außen mit Sorge beobachtete Rechtsruck in der EU sowie die Unabhängigkeits-Bestrebungen vieler Regionen innerhalb instabiler Länder führt bei mir zu einer für mich ganz nachvollziehbaren Unruhe, die mehr als nur ein analoges Vorbild hat: so wie wir heute wissen, dass Passagierflugzeug-Piloten auf ihre psychische Verfassung geprüft werden müssen damit sie keine Abstürze provozieren, und wir auch wissen dass Computerspiele, die Waffengewalt verherrlichen in den Händen von instabilen Kindern mit psychischen Problemen zu unvorhergesehenen Verhaltensstörungen führen können, wenn die Eltern Waffen im Haus haben oder an solche heranzukommen möglich ist (München 2016), und wir inzwischen auch nachweislich wissen, dass der Export von Waffen an instabile Länder dazu führt, dass in diesen Ländern Bürgerkriege begünstigt werden, ist die Sorge berechtigt, was mit einer instabilen aber bis auf die Zähne bewaffneten EU passiert, wenn diese in ihrer derzeitigen Instabilität und dem Misstrauen der Bürger in die Politik auseinander fällt. Vor allem dann, wenn diese Waffen und aufgestockten Truppen gar nicht für den vorgesehenen Zweck zum Einsatz kommen und sich dann woanders "entladen".
Ja ich bin für die Stärkung der EU. Und unlängst habe ich (das erste Mal glaube ich 2008) darüber geschrieben, dass die EU sich zu oft zum Spielball zwischen anderen Fronten machen lies. All das kann man sicher als Argument für Aufrüstung nutzen. Aber die Frage bleibt offen, ob das gut zu Ende gedacht ist. Die EU zu einem interessanten Lebensraum zu machen, halte ich nämlich geopolitisch für die wirksamere Waffe.
Man möge mich bitte nicht für pazifistisch naiv halten. Aber nur weil jemand strategisch andere Möglichkeiten auslotet, ist derjenige nicht automatisch jemand "der blind bezüglich äußerer Bedrohung sei" wie es Militär-fixierte Agitatoren sicher gern hinstellen möchten. Das Geld wird woanders gebraucht und man tut unseren "Feinden" einen Gefallen damit, wenn wir da noch mehr einsparen, als wir es eh schon tun. Und somit die "Moral der Truppe" - und damit sind nicht die Soldaten an der Front sondern die im Menschen im Land gemeint - demontieren. Wohin die Sparpolitik uns geführt hat, sehen wir ja in dem zermürbenden Wahlurnen-Debakel Anfang des Jahres. Man könnte auch im Kampfjargon bleiben und fragen: ist es nicht in der hohen Kunst des Kun-Fu so, dass man nicht immer unbedingt mit Drohgebärden und Muskeln das beste Ergebnis erzielt? Und damit nur unnötig Kraft verschwendet? Sondern manchmal eher dadurch, dass man vermeintlich "gar nichts" tut und sich in der Zeit einen Vorsprung erarbeitet?
Sebelrasseln hat für mich zumindest in jüngster Gegenwart bisher nur zu noch größeren Konflikten geführt. Aber nicht zu der ach so gern her zitierten Abschreckung. Nach der Logik hätte Putin die Ukraine nie angegriffen. Wird diese doch bereits seit 20 Jahren von westlicher Seite umgarnt und gegen eine mögliche Bedrohung aus dem Osten vorbereitet und abschreckend als angeblich westlicher Freund, den wir beschützen würden, hingestellt. Komischer Weise hat Putin genau dies mit als Argument für seinen Einmarsch genutzt. Dass alle so an der Ukraine interessiert sind, hat sicherlich nichts mit seiner strategischen Lage, den Bodenschätzen und der "Kornkammer" zu tun. Ein Schelm, wer hier böses denkt.
Und manch geschürte Ängste wirken auf mich auch sehr weit hergeholt. Schon interessant, dass ausgerechnet jene gern anderen Naivität unterstellen, die selbst nicht wenig davon in ihren Überlegungen dulden. Was hätte Putin von einer Rückkehr zu ex-sowjetischen Grenzen wie in Ostblockzeiten? Jeder weiß, dass das schon rein wirtschaftlicher und logistischer Selbstmord wäre. Auch würden ihre eigenen Bündnispartner da nicht mitziehen. Europa ist ein wichtiger Markt in der Form wie Europa heute funktioniert und importiert. Anlass die EU anzugreifen geben meiner Einschätzung nach nur die rechten Flügel unseres politischen Spektrums. Denn sie schüren die Angst im Ausland, die EU als wichtigen Absatzmarkt zu verlieren.
Eine aufgerüstete EU mit wachsenden rechten und nationalistischen Tendenzen ist für mich im Gesamtbild nichts was man als simple Panikmache weg reden kann. Dadurch entwickelt sich doch erst gerade genau das Potential, jene Begründung, und somit Angriffsfläche, die andere Kräfte außerhalb der EU bräuchten, um die EU als Bedrohung und mögliches preventives Angriffsziel zu betrachten. Und nicht umgekehrt.
Wer dieses Bild nicht zumindest einmal kritisch zu Ende gedacht hat, ist für mich in der Debatte der wahre Naivling. Es ist und bleibt ein Balance-Akt und es gehört mehr dazu die EU aus der Krise zu führen, als mit solchen "Keulen" wie Aufrüstung und "unangenehmen Entscheidungen", wie Merz den geplanten sozialen Abbau nennt, ins Rennen zu gehen. Das feine Geschick und vor allem die Förderung von wirtschaftlichem und kulturellem Potenzial im Land und in der EU sind vielleicht nicht so gut verpackbar als "großes Ziel". Aber langfristig sind das die besseren Argumente und auch effektiveren Waffen gegen globales imperialistisches Gehabe und permanente Selbstüberschätzung von Ländern einer untergehenden Kultur, die selbst genau unter den selben Symptomen leiden, wie ich sie uns voraussage: eine innländische Zersetzung während alle Kraft in die militärische Präsenz nach außen gesteckt wird. Selbst dann, wenn dafür weder Geld noch gesellschaftlicher Rückhalt da ist.
Wie ich schon in einem anderen Kurzessay fragte: wird die zur Zeit aus den USA auswandernde Intelligenz nach Europa sich nicht schlecht umschauen, wenn sie feststellen muss, wie sehr wir schon in den selben Sumpf hinein manövrieren, wie das Land aus dem sie fliehen wollen? Und inwiefern auch sie vielleicht mitverantwortlich dafür sind, dass ihr eigenes Land in diesem Zustand ist, auf die Idee kommen sie vielleicht erst, wenn sie beobachten, was hier gerade unter der Regie einer Elite geschieht, die ihrer ähnelt? Vielleicht kommen sie ja dann mal auf die Idee, dass nicht auswandern und wieder nur an sich denken die Lösung ist, wie solch Menschen es immer tun, deswegen schwimmen sie ja oben, sondern zurückgehen und die Suppe auslöffeln, die sie mit eingebrockt haben. Und etwas tun damit es sich bessert. Vor allem eines ist dabei wichtig: vermeintliche "Minderheiten" und Andersdenkende nicht einfach überheblich abzuwatschen. Sondern "mitzunehmen" und zu überzeugen. Wer etwas Bestimmtes will, muss dafür auch einstehen wollen. Und zwar mit den Menschen. Und nicht - wie Kennedy's Frau es einst tat, indem sie die Midlands als "Overfly-States" betrachtete - dagegen. Die Quittung für solch eine Haltung kommt immer. Manchmal in Form eines bedenklichen Wandels, dem man sich wünschte zurückdrehen zu können...
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