
Gedenken und Gedanken : Bilder, Worte und ein Geldschein
Zu Ehren einer namhaften Dichterin
Was haben der heutige Tag, ein Geldschein, 2 literarische Texte und ein Mensch der durch die Natur wandert und von ihr ergriffen ist gemeinsam? Nein, das ist keine Eröffnungsfrage für einen schlechten Witz. Es ist eine Begebenheit die gut den heutigen Tag einleitet und mich an eine Frau denken lässt, die heute ihren Jahrestag feiert.
Vor einigen Jahren las ich eine Kurzgeschichte eines befreundeten Autors, die mir in ihrer darin verborgenen aufrichtigen Hoffnung, dass sich der Mensch ändern könne und seine Wahrnehmung zum Erkenntnisgewinn nutzen könne, und in ihrer stark bildhaften und sehr saftigen Sprache sehr lebendig ja fast filmgleich im Gedächtnis blieb, bis ich nach immer wiederkehrenden Gedanken an diese einmal merkte, dass es eine interessante Parallele zu einer anderen Dichtung, die bereits um viele Jahrhunderte älter als diese ist gab, die so famos in der von mir unterstellten Motivation des Autors was Mensch und Natur angeht ähnelte, dass ich fortan immer diese beiden Geschichten verbinden muss. Und manchmal auch die Biografien der jeweiligen Verfasser. Ohne dass sie sich gegenseitig kannten.

So kam es, dass ich immer wenn ich, noch in den 1990ern, mit einem 20 D-Mark Schein bezahlte, an die Geschichte des befreundeten Autors dachte und damit gleichzeitig auch ein Bewusstsein für die Frau behielt, die diesen Geldschein schmückte. Was nun wohl aufklärt, was diese Einleitung mit dem ehemaligen 20 D-Markschein gemeinsam haben und vielleicht erahnen lässt, wem in diesem Text späte Ehre erwiesen werden soll:
Heute, dem 10. Januar, oder nach anderen Meinungen erst in 2 Tagen,dem 12., oder gar dem 14., das weiß man nicht so genau - und auch da traue ich meinem befreundeten #Autor wieder Parallelen zu, weil selbst Angesichts der Geburt und des Todes blieben um ihn herum wohl Ungereimtheiten und würde er Rätsel bezüglich seines Verbleibes hinterlassen - jährt sich der etwas ungeklärte Geburtstag der deutschen Dichterin Annette von Droste-Hülshoff, der #Autorin des von mir erwähnten jahrhundertealten Textes, der Ballade „Der Knabe im Moor“, welche meiner Meinung nach in vielem Gefühlten beim Lesen und vom Antrieb her der Kurzgeschichte „Wie die Sinne erwachen“ von Sebastian Ugovsky unfassbar ähnelt. Auch wenn es zwei völlig verschiedene Texte sind, haben sie starke Ähnlichkeit in der Essenz und Motivation. Was wohl aufzeigt, dass bestimmte Konflikte und Fragen des Menschseins, wie zum Beispiel die Auseinandersetzung mit dem der Natur gegenüberstehende sich als davon abgegrenzt verstehende Mensch, zeitlos sind, denn hier liegen 3 Jahrhunderte dazwischen.

Liest man ihren vollständigen Amtsnamen, fühlt man sich direkt in die Zeit zurückversetzt: Anna Elisabeth Franziska Adolphina Wilhelmina Louise Maria, kurz, Annette von Droste zu Hülshoff, kam laut Eintrag des Vaters in der Familienchronik am 10. Januar 1797 auf der Wasserburg Hülshoff als Siebenmonatskind und als das zweite von vier Kindern zur Welt und litt zeitlebens an ihrer Frühgeburt in Form von gesundheitlicher Schwäche. Ihre Eltern gehobenen Standes, Freiherr Clemens August von Droste zu Hülshoff und Therese Luise, geborene von Haxthausen, waren der Grund einer dennoch sehr unbeschwerten Kindheit und Jugend für jene Zeit. Und ihrer Förderung. Wenn auch körperlich durch ihre Frühgeburt sehr schwächlich und anfällig für Krankheiten und in Zurückgezogenheit auf Hülshoff lebend, 29 Jahre lang, bis ihr Vater im Juli 1826 starb und der älteste Bruder die Burg übernahm. Wie zu der Zeit üblich, siedelten Annette, ihre Mutter und die Schwester Maria Anna, genannt Jenny, daraufhin ins nahegelegene Rüschhaus über, welches der Vater kurz vor seinem Tode gekauft hatte. Annette von Droste-Hülshoff lebte und arbeitete dort von 1826 bis 1846. Unter anderem verfasste die Dichterin dort „Die Judenbuche“, ihr wohl nach einigen Meinungen wichtigstes Werk, was ich so nicht teile.
Nachdem sich ihre Schwester Jenny mit dem Germanisten und Dichter Freiherrn Joseph von Laßberg 1834 verheiratete und Rüschhaus verließ, besuchte Annette ihre Schwester mehrfach, verbunden mit längeren Aufenthalten, zunächst am ersten Wohnsitz der beiden Vermählten in der Schweiz, dann am Bodensee. Dort hatte ihr Schwager die Meersburg gekauft und Annette war wohl in ihrem familiären Verantwortungsbewusstsein, nicht nur innerhalb der damaligen Rolle der Frau, sondern auch wegen ihrer eigenen Krankheitsgeschichte, sehr dem gesundheitlichen Wohl ihrer Schwester in derer Schwangerschaft und Geburt von für damalige Zeiten späten Kindern zugewandt, Zwillinge, wohlgemerkt im Alter von 41 Jahren, was sehr spät war für damalige Verhältnisse. Es heißt, dass Annette auf Grund ihrer gesundheitlich angeschlagenen Kindheit und Jugend durch ihre Frühgeburt und den Schutz der Familie immer einen Faible für Familienbande hatte und familiäre Verpflichtungen und Verantwortungsgefühl für ihr Umfeld gegenüber ihrer Arbeit als selbstdefinierte Dichterin vorzog und viele Dichtungen deshalb unvollendet blieben. Dies führte später auch zu vielen wagen Interpretationen über Andeutungen in ihren Texten, vor allem bezüglich der Rolle der Frau in der Zeit und dem zu engen Kragen in dieser zu leben und arbeiten zu können. Was sie dadurch zu einem interessanten Lehrbeispiel für weibliche Künstler dieser Zeit macht. Sehr zum Leidwesen heutiger Schüler, die meiner Meinung nach viel zu früh mit ihren Texten penetriert werden. Es gibt nichts Schlimmeres für künstlerische Werke, als sie zu Schulstoff zu machen. So hast du nicht nur ihre Abnutzung sondern auch gleich noch eine Millionen schlechter Interpretationen und Darbietungen dieser heraufbeschworen und dafür gesorgt, dass keiner mehr diese Werke ertragen kann. Eine erfolgreichere Abwertung gibt es kaum.

Annette von Droste zu Hülshoff starb hier (Meersburg am Bodensee) an einer Lungenentzündung, so hieß es, am 24. Mai 1848 und wurde zwei Tage später auf dem Meersburger Friedhof beerdigt.
Auf meiner Heimat Grunde
Da steht ein Zinnenbau,
Schaut finster in die Runde
Aus Wimpern schwer und grau;
An seiner Fenster Gittern
Wimmert des Kauzes Schrei,
Und drüber siehst du wittern
Den sonnentrunknen Weih.
Comments
Da kann ich nur beipflichten, das Behandeln der großen Klassiker der Weltliteratur in der Schule ist wie "Perlen vor die Säue zu schmeißen". Das ist auch meines Erachtens nach ein großer Fehler im Lehrplan der Schulen. Kunst kann man eben Niemandem aufzwingen, jeder muss für sich entscheiden ob er sich damit beschäftigen will. Großartig geschriebener Artikel
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