Kammerjäger gegen Bettwanzen

Es geht uns alle etwas an...Airbnb und die Bettwanzen (Wie Individual-Tourismus schadet

Airbnb und die Bettwanzen ... die sich überall ins gemachte Nest setzen und die Welt gern "individuell" bereisen wollen um uns mit den Konsequenzen aus Ihrer Reise-Mentalität und puren Quantität an Reisen und Reisenden ins Mittelalter zurück katapultieren... ist ein Problem was gar nicht oft genug benannt werden kann, bis sich in den Köpfen etwas ändert.

Es ist schon klar, dass wir hier von zweierlei sprechen oder? ;) Zum einen von Menschen die ich passend zu ihrem Verhalten so betitele, und zum anderen von echten Bettwanzen. Ja, genau. Die Dank Airbnb & Co aus dem Mittelalter zurückgekehrt sind und inzwischen wieder als dermaßen ausgebreitet und als gefährliche Krankheitsüberträger gelten, dass in Paris sogar eine Sonderkommission ins Leben gerufen werden musste, um der Invasion der Parasiten - hauptsächlich verursacht durch Ahnungs- und Rücksichtslosigkeit und unprofessioneller Hygiene-Regeln in privaten Touristen-Mieträumlichkeiten - irgendwie noch Herr werden zu können. Denn jeder nimmt diese kleinen "Mitreisenden" auch mit zum nächsten Reiseziel. Und mit nach Hause. Was nicht selten mit dem Anruf bei einem Notfall-Kammerjäger endet. Und in manchen Ländern inzwischen sogar wieder meldepflichtig geworden ist. Herzlichen Glückwunsch!

Nicht selten sind solch Parasiten - in dem Falle spreche ich aber wieder von den reisenden und vermietenden Menschen - genau jene Heuchler, die an anderer Stelle gern als aufgeklärt, gebildet, umweltbewusst und ethisch korrekt wahrgenommen werden wollen. In Wahrheit jedoch blenden sie bei sich selbst gern aus, wieviel sie zu dem Zustand der Welt beitragen. Ihre sogenannte "Liebe" zur Natur und der "fernen Länder" drückt sich in einer Form aus, die genau dieser "wundervollen Natur" und jener "fernen Länder" schadet. Und zu guter Letzt auch dem eigenen Umfeld. Und es ist für den aufgeklärten Leser eigentlich unnötig zu erwähnen dass "Bettwanzen" noch das geringsten Problem in dem westlichen Reisewahn und Individual-Tourismus sind.

Und wer sich das mal genau durchrechnet und sich dabei kein 5 Sterne Hotel zum Vergleich heranzieht, wird schnell feststellen, dass sich Airbnb & Co nicht wirklich lohnen oder zwangsläufig eben nicht immer "den besseren Deal" für den Reisenden parat haben. Hinzu kommt, dass man in Hotels sicher sein kann, dass die Hygienevorschriften sehr hard und gründlich offiziell geprüft werden. Hotels können es sich nicht leisten da abgemahnt zu werden um ihrem Ruf nicht zu schaden. Und sie stehen unter ständiger öffentlicher Beobachtung. 

Was man von so mach Bruchbude "direkt am Strand mit Blick aufs Meer" so wohl nicht sagen kann. Diese Form von Kontrolle ist für Airbnb's Marketplace-Konzept als Vermittler zu Drittanbietern kaum machbar. Auch wenn da schon viel nachgebessert und inzwischen auch viel Druck gemacht wird. Zurecht! Mancherorts ist Airbnb sogar schon verboten. Die Gründe dafür erscheinen mir sehr nachvollziehbar. Nur ist Airbnb ja leider nur die Spitze des Eisberges. Das Problem ist, dass wir unsere Konsumgesellschaft dazu herangezüchtet haben zu glauben man könne alles und überall ganz individuell und günstig erleben. Auf Knopfdruck. Und Social Media ist voll mit solchen "Traumwohnungen". Von denen niemand weiß wer da noch in den Betten "wohnt". In Hotels müssen Sie ihre Betten nicht selbst machen. Und die Gefahr, dass sich unter ihrer Matratze jemand eingenistet hat oder unter ihrer Wohnung direkt ein Ratten-versiffter Kiosk oder eine Nachtbar mit Musik befindet, ist um Längen geringer.

Es ist schon seltsam wie sich das entwickelt hat. Fing es ja eigentlich mal damit an, dass Leute ihre leerstehende Wohnung zwischenvermietet haben um Leerstand zu vermeiden und um sich gegenseitig zu helfen. Die Preise waren moderat und es ging mit Nichten darum Hotels zu ersetzen. So konnten Studenten ihre Wohnungen über Anzeigen in Zeitungen miteinander temporär tauschen und Leute die beruflich in einer andren Stadt gearbeitet haben, konnten so schnell irgendwo halbwegs günstig "unterschlüpfen". Aber das änderte sich schlagartig als plötzlich sich andere dazwischen schoben und ein Geschäft witterten in eine ganz andere Richtung! 

Wie so oft, und von mir auch schon oft moniert, wirkt das Prinzip der Markterschließung und des "ewigen Wachstums" oft, wenn sich Ebenen zwischen zwei Marktendpunkte schieben um sich unvermeidbar zu machen, leider nicht selten nicht nur extrem parasitär und aufgebläht. Es trägt auch zu dem Effekt der Verflüssigung von Marktmechanismen bei. Ich kritisierte das schon im Segment des Kundenservices, den Callcentern, den Payout-Agenturen und an vielen anderen Stellen. Und so hat auch hier plötzlich sich etwas in Gang gesetzt, was dramatische Auswirkungen hatte.

Hotels schienen in den letzten Jahrzehnten bei einer bestimmten Riese-Zielgruppe plötzlich einen irgendwie nachlassenden Anlaufpunkt darzustellen. Ein damals aufkommender Trend, der leider - wenn auch schon wieder abnehmend - immer noch viel zu lang bis in die heutige Zeit hinein "hallt". Verstanden habe ich das trotz ausgiebiger Analysen und einiger schon genannten Erkenntnisse nie so ganz. Vermutlich war der Druck über die Märkte zu groß. Aber Airbnb und Ähnliches sind ja nun wahrlich nicht mehr billig heutzutage? Und Jugendherberge-Zielgruppen sind doch ein völlig anderes Preis-Klientel. Und warum dann auf den Hotel-Komfort zum gleichen Preis verzichten? Außerdem hilft man damit in den Städten den Wohnungsbedarf für faire Preise nicht zu belasten. Und das weiß ja nun inzwischen jeder dass Airbnb einen Großteil zu der sozial nachteiligen Gentrifizierung ganzer Stadtviertel beiträgt.

Sicher: es gibt Orte, an denen gibt es einfach kein Hotel. Und wenn, dann nur in Form von Zimmern die zu einem Restaurant oder so gehören. Das ist natürlich etwas anderes im Outbag. Aber auch da sind Kontrollen in viele Ländern eine prozentual annehmbare Gewissheit, die man bei Privatvermietern nicht hat. Inzwischen gibt es in bestimmten Regionen der Welt Begrenzungen und Regeln die das Wucerhn von Airbnb und Co unterbinden.

Ich sehe das immer ein bisschen wie mit dem Online-Handel oder auch dem Kauf von "gesunden" Lebensmitteln. Denn auch da muss man geschickt manövrieren und sich ein wenig damit auskennen und beschäftigen, was daran sicher ist und was nicht. Und kann bei Unaufmerksamkeit oder wenn man es sich zu leicht macht, schnell in eine "schattige" Ecke geraten, die schwer prüfbar und mit wenig Haftung für den Kunden im Nachhinein viel Ärger verursachen kann. Man muss immer sicherstellen, dass es wirklich verantwortliche Ansprechpartner gibt und dass es die Adressen und Hersteller wirklich gibt. Gerade Sammelmarktplätze wie Ebay oder Amazon können wenn man dort von sogenannten "Drittanbietern" oder "Marketplace Verkäufern" kauft großen Ärger verursachen. Und Früchte deren Herkunft unbekannt ist, oder ein angebliches Bio Pesto, wo der Hersteller noch nie von Stiftung Warentest unter die Lupe genommen wurde, kann auch mal für Durchfall sorgen. Wie eine hygenisch fragwürdig betreute Airbnb Wohnung in Rom...

Und genau diese Analogie finde ich ganz passend, wenn man über solche Plattformen wie Airbnb reist. Die sich ja ebenfalls wie ein Sammelbecken von Drittanbietern verhalten. Wieviel von denen sind "schwarze Schafe"? Wieviel haftet Airbnb? Womit wird geputzt und gereinigt? Wem wurde eventuell Wohnraum weggenommen? Alles Sachen, die sich bestimmt nicht in den Bewertungen widerspiegeln. Denn das Bewertungssystem ist dadurch belastet, dass zwischen Mieter und Vermieter oder deren Vertretern eine persönliche Kommunikation stattfindet und sich nicht selten eine "nette" persönliche Bindung bildet. Was zum Geschäftsmodell gehört, versteht sich. Und darin Vieles am Ende in der Einschätzung der Situation "verwischt" und man ja nicht unhöflich sein will. Ein Hotel schlecht zu bewerten, wenn der Kaffee kalt war, fällt einem da schon leichter. Deswegen hier an dieser Stelle von mir wenn schon Reisen dann noch einmal ein Fürwort für klassische Hotels und den ausgebildeten Menschen darin, die für dein Wohlergehen sorgen und echte Ansprechpartner bilden.

Und wer mich kennt, ahnt schon dass der Abschluss dieses kleinen Reiseausflugs wieder mit dem Ergebnis aus einer eigenen Sozial-Analyse abgerundet wird: Schaut man sich das Bild und die Konsequenzen aus der Reise-Mentalität der letzten Jahrzehnte an, kann man zu einer interessanten "These" gelangen. Wo die Bettwanzen eine schöne Metapher bilden. Es wäre nicht verwunderlich wenn sich auch hier auf globaler Ebene die Entwicklung der zunehmend auseinander klaffenden Klassenunterschiede erkennen lässt. Denn wer es sich leisten kann zu reisen, belastet damit vor allem die Ärmsten der bereisten Regionen. Die, wie ich bereits in anderen Tourismus-kritischen Essays nachgewiesen habe, nichts von dem sogenannten "Tourismus-Boom" als wirtschaftlicher Rettungsanker der Region haben. Im Gegenteil. Sie sind weder dort beschäftigt, denn Airbnb Hosts oder ihre Vertreter kommen nicht selten am selben Flughafen an wie der Gast. Noch wird der angebliche Aufschwung der Region (der eben in Wahrheit nicht kommt, siehe andere Artikel dazu. Zum Beispiel: Warum Tourismus nicht die Lösung ist) diesen Menschen helfen. Denen es oft an dem Nötigsten fehlt. Wie Wasser, welches in den Swimmingpools landet (Beispiel: Kanarische Inseln).

Auch auf globaler Ebene treiben Lebensverhältnisse weiter auseinander. Auf gleiche Art und Weise wie die oft kritisierten wachsenden Klassenunterschiede in den westlichen Ländern. Und es hat sich mit ein wenig Fantasie eines Autors schnell ein interessantes Bild entwickelt, in dem Reisende eine Art mobile "Gated Community", eine "reisende Oberschicht" bilden, die sich auf Reisen abgeschottet vor dem schützen, was vor Ort kaputt gegangen ist. Zum Teil auch oft Dank des Tourismus. Als jemand, der aus seiner Geburtsstadt geflohen ist, weil er den Eindruck hatte, den zunehmend einfallenden Touristen und Austausch-Semester-Studenten als Local nur noch die Tür aufhalten zu dürfen, weiß ein Autor und guter Freund von mir, wie sich das in der Realität anfühlt. Und zum Dank für die Toleranz der "Locals" gegenüber Tourismus werden ihnen mittelalterliche Relikte dagelassen: Bettwanzen.

Kein Wunder also, dass vielerorts inzwischen gegen Tourismus demonstriert wird. Der Glaube, dass Tourismus einer ärmlichen Region aus der wirtschaftlichen Misere helfe, hat sich trotz jahrzehntelanger Beweise dagegen aber wacker an den Stammtischen gehalten. Und auch leider weiter in der Besprechung des Problems im Internet. Aber wen wundert das eigentlich auf einem reisebetonten Webauftritt wie diesem: "Reiseproteste: 9 Gründe, warum Anti-Tourismus auch keine Lösung ist". Nein, für euch Reiseportale ist das natürlich keine Lösung. Bis vielleicht mal jemand vorschlägt euch auch eine Tourismus-Pauschale zu berechnen, die den Locals zu Gute kommt. Aber vor allem hält sich dieser Irrglaube in den Werbebroschüren und Bürgermeisterbüros. Denn mit ein bisschen Bestechung lässt sich schon mal das eine oder andere Auge für Tourismus zudrücken.

Bis es im eigenen Bett anfängt zu jucken ...

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